Politikfelder
Die auf VIPA mit vertikal angeordneten Buttons versehenen Politikfelder sind ein zentrales Element des VIPA Leitsystems. Sie dienen der Orientierung und Generierung der internen und externen Abstimmungsprozesse. Die definierten politischen Gestaltungsfelder bilden die höchste Abstraktionsebene des VIPA. Die hier verwendeten Begriffe zielen auf eine differenzierte Ganzheit politisch relevanter Analysen, Argumente und Entscheidungen.
Die Begriffe verstehen sich als eine Annäherung an komplexe Realitäten.
Die herrschenden Bilder vom Menschen, der Welt und der Gesellschaft spiegeln, auf was politische Einflussnahme gerichtet oder nicht gerichtet ist, wo und wie die vermeintlichen Grenzen der Politik gezogen, wie Ressorts definiert, voneinander abgegrenzt, hierarchisiert oder integral aufeinander bezogen werden. Wenn Politik Rahmenbedingungen für die Entwicklung gesellschaftlicher Verhältnisse schafft, dann benötigt der politische Diskurs entsprechende Leit- und Orientierungssysteme.
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D.h., die Politikfelder, deren Differenzierung und übergreifender Zusammenhang müssen immer wieder neu reflektiert und „geordnet“ werden. Dies korrespondiert mit einer (Neu-)Ordnung von Begriffen und Definitionen politischer Gestaltungsziele, mitunter auch mit einer latenten Neuordnung vorgefundener politischer Verhältnisse.
Die relativ stabilen Definitionen von differenzierten politischen Gestaltungsbereichen bilden den strukturellen Rahmen für die inhaltliche netzparlamentarische Diskussion und Meinungsbildung. Die Definitionen lehnen sich im politischen Gestaltungsbereich BRD an das gegenwärtige realparlamentarische System der Ministerien an. Zugleich modifizieren bzw. erweitern sie die herrschende Ministerienstruktur und heben damit unterschiedliche Aspekte von politischer Gestaltung anders oder neu hervor.
Die alphabetisch angeordneten Felder der politischen Entscheidungsfindung und Gestaltung verstehen sich nicht als ewige, starr abgegrenzte hierarchische Ressorts. Die beim Start verwendeten Proto-Definitionen stehen zur öffentlichen und internen netzdemokratischen Diskussion. Diese Diskussion wird die Definitionen und die herausgehobenen Aspekte der politischen Gestaltung ergänzen, verändern oder neu bestimmen. Nach erfolgreicher Diskussion und Modifikation der Proto-Definitionen sollen diese über einen längeren Zeitraum beibehalten werden.
Die Diskussion der Politikfelder ist zugleich Arbeit an einem neuen ganzheitlichen Politikverständnis. Dies betrifft sowohl die inneren Strukturen, die Gegenstände als auch die Ziele der Netzdemokratie. Allen Gestaltungsfeldern kommt im VIPA eine gleichberechtigte Bedeutung zu. Die in der Realpolitik vorherrschende Zentrierung z.B. auf materialistische, privatwirtschaftliche und populistische „Zwänge“ oder konkurrierende Ideologien soll innerhalb der interdisziplinären Definitionen der Politikfelder vermieden werden. Die Definition der Politikfelder setzt auf eine objektive Analyse und Darstellung von Erscheinungen, Zusammenhängen, Wechselwirkungen und Zielen politischer Gestaltung. Dabei sollen Grundprinzipien einer entwickelten demokratischen Gesellschaft wie persönliche Initiative, Zusammenarbeit, Anerkennung, Interessenausgleich, Engagement, Beteiligung und freie Meinungsäußerung im Vordergrund stehen.
Die Diskussion, Verständigung und Abstimmung folgt einer bestimmten Logik des „Aufsteigens“ vom Einzelnen zum Allgemeinen und von dort zum „ganzheitlichen Konkreten“. Alle Foren beschäftigen sich mit einem spezifischen oder auch übergreifenden Gestaltungs- und Entscheidungsbedarf innerhalb eines Politikfeldes. Die in den Foren erarbeiteten und abgestimmten Entscheidungsalternativen werden danach im Kontext des jeweiligen Politikfeldes innerhalb der Ausschüsse bearbeitet und abgestimmt. Die Vorschläge werden danach im Plenum übergreifend, d.h. im Kontext aller Politikfelder behandelt. D.h., ein Forum ist eine Gruppe innerhalb eines Politikfeldes. Die jeweiligen Ausschüsse bilden Teilnehmer aller Foren eines Politikfeldes und das Plenum umfasst „Sitzungen“ von Forumsteilnehmern möglichst aller Politikfelder. Ziel dieser Generierung innerhalb von und zwischen Politikfeldern sind integrale, ressortübergreifende und transdisziplinäre Abstimmungsprozesse. Genau dies meint Generierung von politischem Wissens- und Entscheidungspotenzial.
VIPA lehnt sich hier an das idealtypische parlamentarische Prinzip der Verdichtung von Meinungs- und Entscheidungsbildung sowie der endgültigen Abstimmung im Parlament an. Allerdings heißt das nicht, dass im VIPA Parlament nur noch frontale „Gegenreden“ gehalten und ansonsten mehr oder weniger Hände gehoben werden. Das VIPA Parlament ist ein interdisziplinäres, aus allen Politikfeldern zusammengesetztes höchste Forum. Es bearbeitet die Vorschläge aus den Ausschüssen im Kontext aller Politikfelder. Genau dies fehlt im Realparlamentarismus! VIPA knüpft also an das historisch gewachsene parlamentarische System an. Zugleich de-institutionalisiert, de-lokalisiert, de-instrumentalisiert, de-fragmentiert und universalisiert sie dieses. Diese anknüpfende Aufhebung öffnet und „ent-herrschaftlicht" zugleich die bestehende parteiparlamentarische Praxis. Politik gestaltet sich dabei als ein diskutierbares und dynamisch veränderbares Orientierungs- und Leitsystem von politischer Wahrnehmung, Verständigung und Abstimmung. VIPA konstituiert sich nicht einfach in einem mehr oder weniger luftleeren fiktionalen Raum (fragmentarische Forumsplattformen), sondern knüpft an historisch entstandene parlamentarische Praxen an und versucht, mit Hilfe eines neuen Orientierungs- und Beteiligungsmodus, über diese hinauszugehen: Eine nach vorn, in die Tiefe und die Breite sich entfaltende politische Evolution.
Klaus Nicolai
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