Politikfeld » Arbeit
Arbeit ist eine Form der menschlichen Tätigkeit, über deren Gegenstände, Ziele, Mittel und Resultate Menschen in ein gesellschaftliches Austauschverhältnis zueinander treten und ihr Leben (re-)produzieren. Arbeit ist ein Produkt der Zivilisationsentwicklung und mit der Entfaltung der Waren- und Geldwirtschaft (vgl. Ökonomie) eng verbunden.
Durch die Entwicklung der Arbeitsinstrumente und der Arbeitsteilung verändern sich die Inhalte und der Charakter der Arbeit. Unter der Industriegesellschaft nimmt Arbeit die Form einer abstrakten Ware an, welche relativ unabhängig von ihrem Inhalt auf dem „Markt“ ver- und gekauft wird. Attraktive, selbst bestimmte kreative Arbeit ist oft intrinsisch, d.h. inhaltlich motiviert und so ein Lebensbedürfnis bzw. ein Element der persönlichen Entwicklung und Selbstverwirklichung. Eintönige, einseitige und ökonomisch erzwungene Arbeit kann gegenüber dem eigenen Leben fremd und äußerlich empfunden werden und ist meist Mittel zum Zweck des Lohnerwerbs, der Erhaltung der Existenz bzw.
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des Konsums. (Vgl. entfremdete oder fremdbestimmte Arbeit). Die Inhalte und Formen der täglichen Arbeit bestimmen wesentlich den „Stoffwechsel“ zwischen dem Leben der Menschen, ihrer Gesellschaft und der Natur. In der Art und Weise dieses Stoffwechsels entscheidet sich auch, wie sinnerfüllt und gesund wir leben und wie sozial und menschengemäß eine zivilisierte Gesellschaft ist. Einseitige und entfremdete Arbeit kann durch den Einsatz von Maschinen, Automaten, Computern und Robotern sowie biotechnologischen Kreisläufen
erheblich reduziert werden. Insofern kann auch die wissenschaftlich-technische Revolution als ein Prozess der Abschaffung von monotoner einseitiger Arbeit und der Entfaltung intelligenter, kreativer oder "wissenschaftlichter" Arbeit verstanden werden.
Das Verhältnis zwischen Arbeit und Verfügung über Arbeitsmittel, Ziele, Zwecke und Resultate des Arbeitsprozesses (Eigentum) bestimmt wesentlich den Charakter der Arbeit und der Gesellschaft sowie das persönliche Engagement.
Die Arbeitsethik einer Gesellschaft ist eng mit der Wirtschaftsethik, d.h. den grundlegenden Zielen der Wirtschaft verbunden (vgl. Max Weber „Protestantische Arbeitsethik“ und Karl Marx „Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit“).
Die Entwicklung der Formen und Inhalte der Arbeit ist eng verknüpft mit der Produktion bzw. Entwicklung von Bedürfnissen. Die gesellschaftlichen Bedürfnisse und damit verbundene Arbeitsprozesse können sich auf Grund von zivilisatorischen, natürlichen oder kulturellen Umständen erheblich modifizieren oder grundlegend verändern.
Wenn Politik die Rahmenbedingungen für mehr oder andere Arbeit schaffen will, setzt dies eine realistische Analyse von veränderten bzw. neuen Bedürfnissen voraus. (Stichworte:
regionale und globale Umweltgestaltung, alternative Energiegewinnung, humane Produktentwicklung usw.). Auf Basis dieser Analyse können ökonomische, rechtliche und kulturelle Rahmenbedingungen für die Entstehung von neuen Formen und Inhalten der Arbeit und entsprechender unternehmerischer Aktivitäten geschaffen werden.
Analyse Politikfeld Arbeit
Die neoliberale, postindustrielle Auffassung von Ökonomie und damit auch von Arbeit ist weitgehend geprägt von einer sich selbst steuernden Wirtschaft auf Basis einer abstrakten Gewinnmaximierung bzw. Geldverwertung. "Arbeit" erscheint in dieser Wahrnehmungsweise lediglich als Kostenfaktor, der zu minimieren ist. Die produzierte frei verfügbare Zeit - als gesellschaftlich erarbeiteter Reichtum - wird in diesem System in Form massenhafter "Arbeitslosigkeit" (Erwerbslosigkeit) vergeudet. Die Kosten der Erwerbslosigkeit werden der Gesellschaft aufgenötigt, die Profite privatisiert.
Die Beantwortung der Frage, ob Arbeit immer mehr oder weniger erzwungen werden muss oder ob sie ein menschliches Bedürfnis ist, hängt letztlich auch von ihrer Qualität sowie von den Verhältnissen der menschlichen Entwicklung und Bildung sowie des persönlichen Verhaltens (Kultur) ab. Die Eigenaktivität im Sinne von „etwas Unternehmen“ ist Bestandteil von Arbeit. Wenn das Unternehmerische aus der allgemeinen Arbeit verschwindet, entstehen scharfe Grenzen zwischen „Arbeitgebern“ und „Arbeitnehmern“. Die Arbeit wird so zum reinen Konsumtionsmittel und die Produktion zur bloßen Kapitalverwertung. Arbeit schafft damit nicht mehr neue, attraktivere und humanere Arbeit, sondern „verbraucht“ diese. Die Kreation verliert so ihre Kreatürlichkeit und damit ihr Potenzial zur bedürfnisorientierten Selbsterfindung bzw. Selbstorganisation.
Klaus Nicolai
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