Politikfeld » Gesellschaft
Eine Gesellschaft umfasst alle Verhältnisse, welche die ihr zugehörigen Individuen über Tätigkeiten, Gegenstände, Bedürfnisse, Medien, Verkehrsmittel, Motivationen, Orientierungen, Verhaltensweisen und kommunikative Handlungen eingehen. Die gesellschaftlichen Verhältnisse können unter politischen, ökonomischen, kulturellen, technischen, wissenschaftlichen, kommunikativen, rechtlichen, religiösen und ideologischen Aspekten hervorgehoben werden. Eine solche Hervorhebung ist nur relativ, weil alle Verhältnisse, die Individuen bezogen auf unterschiedliche Elemente der (Re-)Produktion der Gesellschaft eingehen, nur in Wechselwirkung und im Gesamtzusammenhang existieren.
In Wikipedia werden unter dem Stichwort "Gesellschaftsmodelle" historische sowie analytisch strukturelle Dimensionen von Gesellschaftsentwicklung vorgestellt.
Etablierte Institutionen sowie politische, juristische oder wirtschaftliche Bereiche und Akteure folgen stärker einer zweckrationalen Trennung von Elementen der gesellschaftlichen (Re-)Produktion, was mitunter zu einseitigen Entwicklungen und Deformationen führt.
Auch im Kontext sich zuspitzender zivilisatorischer, wirtschaftlicher, ökologischer und kultureller Krisen sind adäquate und noch vorn weisende integrale transdisziplinäre Gesellschaftsanalysen und Gesellschaftstheorien unverzichtbar für die politische Entscheidung und Gestaltung von angemessenen Rahmenbedingungen.
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Das weitgehend uneingeschränkte Vordringen der „Wirtschaft“ in das Zentrum der Gesellschaft im Sinne einer Dominierung und „Selbststeuerung“ aller grundlegenden gesellschaftlichen Entwicklungsprozesse ist ein Anzeichen dafür, dass die Politik ihren gesamtgesellschaftlichen Auftrag aus den Augen zu verlieren droht. Ursache dafür ist nicht nur der noch vorherrschende industriegesellschaftliche Materialismus und Utilitarismus (Nützlichkeitsdenken) bezüglich dessen, was „Fortschritt“, „Wachstum“ und „Reichtum“ bedeutet, sondern auch das gigantische Defizit an komplexen interdisziplinären Gesellschaftstheorien. An deren Stelle sind mehr oder wenig einseitige und fragmentierte ("Spaßgesellschaft", "Dienstleistungsgesellschaft", "Bürgergesellschaft" usw.) Beschreibungen oder weitgehend unwissenschaftliche und pragmatische Wirtschaftstheorien getreten. Letztere haben sich weitgehend ungehindert auch zu Paradigmen herrschender Politik etabliert.
Die - monopolisierte und (geld-)verwertungsorientierte - Wirtschaft hat sichals mehr und mehr selbst genügende, weil alles dominierende "Subgesellschaft" nicht nur neben, sondern scheinbar oberhalb der Gesellschaft positioniert, so dass man hier durchaus von Anzeichen einer sich global ausbreitenden Diktatur der Monopol- und Geldwirtschaft sprechen kann.
Je weiter Politik ihren gesamtgesellschaftlichen Gestaltungsauftrag zugunsten einer „wirtschaftlichen Selbstregulation“ aufgibt, desto stärker verliert die Demokratie als Ausdruck des Gesamtwillens aller Individuen ihren Einfluss. Damit gerät bewusst oder unbewusst die Masse der Individuen unweigerlich in Widerspruch zur privatistisch, (geld-)wirtschaftlich dominierten Gesellschaft. Die Gesellschaft der Individuen (vgl. Norbert Elias) kann dabei an den Rand ihrer eigenen Verwirklichung und Wahrnehmung geraten und für sich selbst peripher werden (Entfremdung).
Klaus Nicolai
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