Politikfeld » Ökonomie
Ökonomie ist ein gesellschaftliches, auf Arbeitsteilung beruhendes Verhältnis, das Menschen über die Produktion, den Austausch, die Verteilung, Verwertung und Aneignung von geschaffenen (Gebrauchs-)Werten („Güter“) sowie erwirtschafteten Geldmitteln („Lohn“, „Gewinn“, „Profit“) eingehen. „Geld“, „Ware“, "Angebot", "Nachfrage", „Akkumulation“, "Investition", „Kapital“, „Kredit“ und „Zinsen“ sind neben „Arbeit“, "Arbeitsteilung", „Arbeitszeit“, „Arbeitslosigkeit“, „Bedürfnis“, „Kooperation“, „Konkurrenz“, „Monopol“, „Eigentum“, „Produktionsmittel“ und „Steuern“ zentrale ökonomische Begriffe. Alle damit zusammenhängenden Strukturen und Regelmechanismen sind Bestandteil der ökonomischen Verhältnisse einer Gesellschaft bzw. miteinander verbundener Wirtschaftsräume („Globalisierung“). Die der vorindustriellen Entwicklung entlehnten Begriffe „Markt“ oder „Marktwirtschaft“ bilden weder den Charakter noch den Inhalt der industriegesellschaftlichen Ökonomie ab.
Die jeweiligen betriebswirtschaftlichen Grundlagen sind ein Element der übergreifenden Ökonomie und ihrer jeweiligen politischen Regulierung bzw.
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Deregulierung.
Die Entfaltung übergreifender ökonomischer Verhältnisse ist abhängig von der Entwicklung der menschlichen und instrumentellen Produktivkräfte (Technik, Bildung, Wissenschaft, Kultur) und der Form ihrer Anwendung/Nutzung (Produktionsverhältnisse). Produktivkräfte und Produktionsverhältnisse bilden den zentralen innern Widerspruch, dessen Entfaltung zugleich ein zentrales Entwicklungs- und Bewertungskriterium von ökonomischen Verhältnissen bildet.
Der Begriff "Ökonomie" hat beschreibenden, analytischen und wertenden Charakter. Er wird gemeinhin mit dem Begriff Wirtschaft, also einem zentralen (Re-)Produktionsbereich der Gesellschaft identifiziert. Als Wertbegriff kennzeichnet er eine bestimmte Art und Weise der Produktion von Gütern bzw. Waren. Eine ökonomische Produktion schafft im wertenden Sinne mit geringstem Aufwand den größtmöglichen Nutzen. Dieser Wertbegriff ist zweischneidig.
Bezogen auf das Wohlergehen der Gesellschaft, des Verbrauchs von Ressourcen und menschlicher Lebenszeit ist eine ökonomische Produktionsweise in jedem Fall nicht nur wirtschaftlich effizient, sondern auch ökologisch und human. Bezogen auf eine persönliche Bereicherung in Form einer unverhältnismäßigen privaten Aneignung von Ergebnissen arbeitsteiliger Produktion („Maximalprofit“) würde dies bedeuten, dass man mit geringstem persönlichen Aufwand und minimaler Verantwortung eine unangemessen maximale private Ausbeute erzielt („Ausbeutung“). Wie alles in der Welt der Menschen steht auch die Ökonomie als Art und Weise (Form) und zugleich konkreter Inhalt des „Wirtschaftens“ in gesamtgesellschaftlichen Kontexten und Wertrelationen und trägt damit politischen Charakter.
Mit der Entstehung universell vernetzter und verfügbarer (Open Source) Kommunikations- und Produktionstechnologien entstehen latent auch neue ökonomische Produktionsverhältnisse (z.B. Linux, Wikipedia). Damit werden Klassische ökonomische Gegensätze z.B. zwischen gesellschaftlicher Arbeitsteilung und prtivater Aneignung/ Verfügung, zwischen konkreter und abstrakter Arbeit, Wert und Gebrauchswert, Kapital und Arbeit, Lohn und Profit, erzwungener und motivierter Arbeit latent in Frage gestellt bzw. aufgehoben.
Kommentar/Kritische Analyse
Die herrschende Ökonomie der Industriestaaten ist heute auf die Erzielung von monetärem Profit und Einkommen als Quelle von Steuern fixiert. Sie wird dominant durch das Geld und dessen privater Akkumulation auch das Ziel und der Maßstab der (Re-)Produktion selbst bestimmt. Das substanzielle produktive Wesen des Geldes als Medium der Kommunikation zwischen Produzenten und Konsumenten, zwischen dem produktiven Potenzial auf der einen und den Bedürfnissen auf der anderen Seite verliert sich unter der Vorherrschaft der Monopol- und Finanzwirtschaft in einen unkontrollierten spekulativen Leerlauf, der sich von der konkreten (Re-)Produktion in Richtung einer rein abstrakt quantitativen Verwertung und Anhäufung löst. (Vgl. Politikfeld "Kommunikation")
Kategorien wie „freie Marktwirtschaft“ oder „Marktbereinigung“ gehen von einem blinden Selbstregulierungsprozess jenseits einer bewussten Bewertung und Zielsetzung von gesellschaftlicher (Re-)Produktion aus. Damit werden Mechanismen in den Status von Subjeten erhoben. Das widerspricht grundsätzlich dem Charakter menschlicher Tätigkeit, der beschleunigten wissenschaftlich-technologischen Entwicklung sowie den bewussten Organisationsanforderungen an immer komplexer werdenden (Re-)Produktionsprozesse. Kein Mensch würde auf die Idee kommen, dass der heutige Straßenverkehr sich nur auf Basis einer natürlichen „Verhaltensökonomie“ von selbst regulieren würde. Dabei ist der Verkehr auf der Straße nur eine Erscheinung des gesellschaftlichen Lebens. Es gibt auch in der Wirtschaft „Verkehrsregeln“, die werden aber vor allem durch die separierten privaten Interessen derer gesetzt, die an den Schaltstellen der Kapital- und Geldverwertung positioniert sind.
Die sich in die Sprache fest eingebürgerte Formulierung „die Marktwirtschaft“ oder „der Markt“ identifizieren bestimmte Systemelemente und Mechanismen mit „Subjekten“, was einer irrational magischen Wahrnehmungsweise der Realität entspricht. Auch der „Fetischcharakter“ (Karl Marx) des „Geldes“ spukt allenthalben durch die Gebetsmühlen von Finanztechnokraten und Politikern. Hier hat sich offensichtlich ein Subsystem mit scheinbar naturwüchsigen Eigengesetzen mehr und mehr außerhalb der menschlichen Bewusstheit etabliert. Über die wachsende bewusste, intelligente und kooperative Produktivität hat der sich steigernde „blinde“ Verwertungszwang“ eine Art magischen Zauber gelegt: Keiner weiß mehr, was er wirklich, warum und wie lange tut. Damit verliert „die Wirtschaft“ scheinbar die „Kontrolle“ über sich selbst, was möglicherweise auch – wie in jüngster Zeit zu befürchten – zu ihrem völligen Zusammenbruch im globalen Maßstab führen kann.
Da wir es hier mit mehr oder weniger „blinden“ oder besser mechanischen Systemeffekten zu tun haben, wird systemgemäß oder "systemerhaltend" gehandelt: Zinspolitik, Lohnpolitik, Steuerpolitik, Währungspolitik, Verstaatlichung, "Rettungs- und Schutzschirme“ usw. heißen die Formeln mit der „die Wirtschaft“ dann doch weiterhin reguliert werden soll. Diese Wahrnehmung von Ökonomie entspricht im Grunde genommen dem mechanisch physikalischen Weltbild des Maschinenzeitalters, und nicht dem der Kommunikationsgesellschaft.
Alles, nicht nur „die Wirtschaft“ wird letztlich am „Bruttosozialprodukt“ gemessen, was letztlich einen gefährlichen Fall in eine rein quantitative globalistische Bewertung jenseits qualitativer Maßstäbe bedeutet: A-Humanisierung! Als Kriterium dient dabei ein scheinbar naturgegebener Zusammenhang von „Wachstum“ und „Bruttosozialprodukt“. Damit wird Wachstum jenseits von qualitativen Kriterien ebenfalls auf ein rein quantitatives numerisches Phänomen verkürzt und zugleich ein einseitiges und maßloses Profitstreben befördert und verschleiert.
Klaus Nicolai
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